360 Soziale Probleme, Sozialdienste, Versicherungen
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Die Theaterarbeit mit (un-)freiwilligen Subkulturen gehört als Thema wohl eher zu den exotischen Schwerpunkten in der Wissenschaft der Sozialen Arbeit. Was also kann ein Beweggrund dafür sein, sich dieser Thematik anzunehmen. Zu beobachten ist, dass kulturelle Arbeit seit einigen Jahren im Trend liegt und sie in vielfältiger Weise und von verschiedensten Disziplinen ausgeübt wird. So halten z. B. fernöstliche Kampfkünste ihren Einzug in den deutschen Schulalltag, wie derzeit in Esslinger Hauptschulen „Kampfkunst als Ventil gegen Gewalt und Aggressionen“. Zahlreiche Zirkusangebote haben in den Sommerferien Hochkonjunktur, wie der Kinderzirkus „Zack“ aus Berlin. Neben diesen vor allem präventiven Angeboten kann die Theaterarbeit als kultureller Ansatz auch in der Disziplin der Sozialen Arbeit ein wichtiges Mittel sein, um schwer zugängliche Menschen einer Subkultur zu erreichen, was vor allem erwachsene Menschen betrifft. Demnach gehören die meisten Individuen einer Subkultur unfreiwillig an. Sie verfügen nicht über finanzielle Mittel, haben erschwerten Zugang zur Bildung, sind medizinisch mangelhaft versorgt und bleiben von der kulturellen Teilhabe weitgehend ausgeschlossen. Negative Zuschreibungen und Etikettierung erschweren zusätzlich der gesellschaftlich marginalisierten Gruppe den Wiedereinstieg in ein gesellschaftsfähiges Leben. Die Mehrheit entgegnet ihnen zumeist in ablehnender Haltung. (vgl. Neumann/Schraffenberger 1992, 9) Aus dieser Problemstellung lässt sich ableiten, dass die Verfügbarkeit über Ressourcen der Menschen einer Subkultur entscheidet, ob und inwieweit diese Individuen auf die Gesellschaft Einfluss nehmen können. Gesellschaftlich gesehen findet diese Arbeit ihre Begründung in der Bewegung, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird. Demzufolge werden immer mehr Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, dass gerade für schwer zugängliche Adressat/innen der Sozialen Arbeit neue Zugangsmöglichkeiten geschaffen werden, die bisher aufgrund ihrer schlechten Ressourcenkapazität von der gesellschaftlichen Teilhabe unerreicht und ausgeschlossen sind. Es geht dabei nicht in erster Linie darum, sie wieder in die Gesellschaft einzugliedern, denn diese Individuen entscheiden sich manchmal bewusst gegen das Leben eines „Otto Normalverbrauchers“. Zudem scheint in vielen Fällen die Resozialisierung nach vielen Jahren unrealistisch. Vielmehr soll ihnen das Theater eine Plattform geben, bei der sie die Chance erhalten, gehört zu werden und sich kulturell ausdrücken zu können. Diese Arbeit soll einen wissenschaftlichen Beitrag leisten, in dem sie die Leser/innen über die Theaterarbeit mit (un-)freiwilligen Subkulturen als kulturellen Ansatz informiert, zu einem Umdenken bzw. Andersdenken motiviert, möglicherweise sogar zu anderen kreativen Lösungen anregt. Begleitend möchte ich in meiner Arbeit der Frage nachgehen, welche Bedeutung der Theaterarbeit für die genannte Zielgruppe zukommt. Zusätzlich gilt es zu klären, inwiefern die Theaterarbeit für die individuelle Ressourcenbildung dieser Zielgruppe ausschlaggebend sein kann. Daneben ist die Bedeutung der Theaterarbeit mit (un-)freiwilligen Subkulturen auch auf den gesellschaftlichen Nutzen hin zu untersuchen. Ebenso ist die Theaterarbeit als kultureller Ansatz der Sozialen Arbeit auch auf ihre Grenzen hin zu prüfen. Mein persönliches Interesse liegt in meiner eigenen „Studienbiografie“, in der mich das Thema Theater über zwei Semester lang an der Hochschule Esslingen begleitete. In dieser Zeit kam ich im Rahmen meines Theaterprojekts zum Verein Kultur am Rande e.V., welcher sich wohnungslosen Menschen annimmt. Durch die Inszenierung eines Bühnenwerks mit einer wohnungslosen Frau bekam ich Einblicke in die praktisch umgesetzte Theaterarbeit, wie auch in das Milieu dieser Menschen. Meine Faszination verdanke ich vor allem der Theaterprojektleitung Werner Bolzhauser, der bereits viele Jahre für einen kulturellen Zugang gesellschaftlich Ausgeschlossener kämpft.
In Deutschland leben nach Schätzung der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. 20.000 Menschen auf der Straße. Im vergangenen Winter sind mindestens 18 Menschen auf der Straße erfroren. Zu viele sind vom Wohnungsverlust bedroht. Aufgrund der schlechten Datenlage können nur Schätzungen gemacht werden. 2008 betrug die Zahl der Wohnungsnotfälle insgesamt ca. 330.000. Davon gehörten ca. 227.000 zu den Wohnungslosen und ca. 103.000 zu den von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen (vgl. BAG W 2009, 151). Während die Zahl der akut Wohnungslosen tendenziell rückläufig ist, werden die von Wohnungslosigkeit bedrohten oder in unzumutbaren Wohnverhältnisse lebenden Menschen insgesamt mehr. Damit verschiebt sich die Struktur der Wohnarmut hin zum Vorfeld akuter Wohnungslosigkeit (vgl. Specht 2008, 112). Die neuen gesellschaftlichen Anforderungen und das veränderte Klientel erfordern neue Konzepte der Sozialen Arbeit. Die Hilfen müssen angepasst bzw. weiterentwickelt werden. Neben der Weiterentwicklung sozialräumlicher Konzepte und verstärkter Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften ist v.a. der Ausbau der präventiven Arbeit zur Sicherung von Wohnraum eine wichtige Aufgabe der Sozialen Arbeit (vgl. Fritz 2009, 13-14). Neben einigen sehr niederschwelligen Hilfen für wohnungslose Menschen wurde in den letzten Jahren das Spektrum ambulanter, teilstationärer und stationärer Hilfen erweitert. Zunehmend wird dem Thema der Prävention mehr Aufmerksamkeit beigemessen, sodass mittlerweile einige Kommunen Zentrale Fachstellen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit etabliert haben (vgl. Lutz/Simon 2007, 136). Auch in Stuttgart wurde 2005, im Zuge der Gesetzesänderungen im SGB II, ein Kooperationsvertrag zwischen dem Job Center und dem Sozialamt Stuttgart erarbeitet und im April 2006 die Fachstelle zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit etabliert. In Stuttgart musste festgestellt werden, dass das Hilfeangebot oftmals die Zielgruppe nicht erreicht, weil entweder aus rechtlichen Gründen der Wohnungserhalt nicht (mehr) möglich ist, oder weil auf das Anschreiben der Fachstelle kein persönlicher Kontakt zustande kommt. Aufgrund dieser Feststellung startete das Sozialamt Stuttgart die Initiative, die Gründe für eine fehlende Inanspruchnahme qualitativ erforschen zu lassen. Mit dem Problem der fehlenden Erreichbarkeit der NutzerInnen bzw. der fehlenden Inanspruchnahme des Hilfeangebotes ist Stuttgart kein Einzelfall. Es stellt sich also die Frage, warum die betroffenen Personen die Hilfen, welche ihnen zustehen und mit denen sie ihren Wohnungsverlust verhindern könnten, nicht in Anspruch nehmen. Im Zuge der hier vorliegenden Arbeit sollen daher die Barrieren erfasst werden, die zur Nichtinanspruchnahme der Hilfen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit führen. Die Zugangsbarrieren werden in qualitativen Leitfadeninterviews aus der Perspektive der NutzerInnen erfasst. Im Umkehrschluss soll der „Gebrauchswert“ der speziellen Angebote der Wohnungsnotfallhilfe identifiziert werden. Ziel der Angebote sollte es sein, eine Passung zwischen dem Angebot der Wohnungsnotfallhilfe und dem „Gebrauchswert“ zu erreichen, weswegen am Ende der Untersuchungen Handlungsempfehlungen für die Praxis der Hilfen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit folgen.