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Hintergrund
Die Prävalenz von Mangelernährung im Krankenhaus ist hoch und wird in der Praxis noch häufig unterschätzt. Im Rahmen eines vom BMBF finanzierten Projektes soll diesem Problem mithilfe von Praxiskonzepten mit präventiven und kurativen Maßnahmen für die Zielgruppe geriatrischer Patient*innen begegnet werden.
Methodik
Zur Bestimmung der Ausgangslage hinsichtlich des Ernährungsmanagements und Feststellung der aktuellen Prävalenz von Mangelernährung in zwei Stuttgarter Kliniken wurden im Rahmen des nutritionDays® spezifische Daten erhoben und mit dem Schwerpunkt auf die Zielgruppe ältere Patient*innen ausgewertet.
Ergebnisse
Von 99 eingeschlossenen Patient*innen weisen 39,4% (n=39) ein Risiko für eine Mangelernährung auf, 41 Patient*innen (41,1 %) berichten von einem ungewollten Gewichtsverlust. Der Gewichtsverlust beträgt im Mittel 6,1 kg (SD 3,8) oder 9,7% (SD 5,1) des Körpergewichtes. Nur 19,4% (n=7) der Mangelernährten erhalten eine ernährungsmedizinische Intervention. Es zeigt sich für die Gruppe mit einem hohen Mangelernährungsrisiko ein verlängerter Klinikaufenthalt von 2,1 Tagen (nicht signifikant), ein signifikant geringerer BMI (-4,3 kg/m²; p=0,001), größerer Gewichtsverlust (-12,5% vs. -3,7%; p=0,001) sowie Gewichtsveränderungen in den letzten 5 Jahren (-7,6% vs.+1,2%; p=0,004). Der ungewollte Gewichtsverlust korreliert signifikant mit der Anzahl unterschiedlicher Medikamente (rs=0,397; p=0,029) und einer verringerten Nahrungsaufnahme in der Woche vor Klinikeinweisung (rs=-0,533; p=0,003).
Schlussfolgerung
Die hohe Prävalenz von Mangelernährung unter den älteren Patient*innen bei gleichzeitig ausbleibender Identifikation der Betroffenen führt zu einer unzureichenden Behandlung der Mangelernährung. Diese Defizite lassen sich mithilfe von nutritionDay® Erhebungen deutlich aufzeigen.
Projektbericht PEBKO
(2022)
In Deutschland werden rund 783.400 Pflegebedürftige vollstationär und etwa 74.000 teilstationär in 13.600 Pflegeeinrichtungen von 730.000 Beschäftigten versorgt. 94 Prozent der Pflegeheime betreuen überwiegend ältere oder hochaltrige Menschen; 70 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner sind 80 Jahre und älter (Destatis 2017, GKV-Spitzenverband 2018). Bewohner*innen stationärer Langzeitpflegeeinrichtungen sind deutlich häufiger von einem „pathologischen“ Alterungsprozess betroffen. Verglichen mit gleichaltrigen Personen, die noch selbstständig oder mit Hilfe zu Hause versorgt werden, zeichnen sie sich im besonderen Maße durch ihre überdurchschnittliche Hilfe- und Pflegebedürftigkeit aus. (Bartholomeyczik et al. 2010, S. 869; Schreier 2011, S. 15).
Ziel präventiver respektive gesundheitsfördernder Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen ist die Verbesserung der gesundheitlichen Situation und der Ressourcen der Pflegebedürftigen unter deren Beteiligung. Neben der allgemeinen Stärkung der gesundheitsfördernden Potenziale von Pflegeeinrichtungen werden im Leitfaden Prävention die folgenden Handlungsfelder benannt: Ernährung, körperliche Aktivität, kognitive Ressourcen, psychosoziale Gesundheit sowie Prävention von Gewalt (GKV-Spitzenverband 2018).
Für das hier vorliegende Projekt ausgewählte Handlungsfeld „Ernährung“ steht fundiertes Wissen zur Verfügung. Trotz zahlreicher nationaler und internationaler Leitlinien zur Prävention und Behandlung von Mangelernährung ist es in der Vergangenheit nicht gelungen, die Prävalenz von Mangelernährung zu senken (vgl. Löser 2011; Norman et al. 2008). Gleiches gilt für das Handlungsfeld „Mobilität“, hier liegt u.a. ein Nationaler Expertenstandard und positive Evaluationsergebnisse für diverse bewegungsfördernde Interventionen vor.
Auf EU-Ebene wird angemahnt, dass dieser Zustand nicht akzeptabel ist und Forschung bzw. Studien gefördert werden sollten, die die Auswirkungen von Ernährungstherapien auf den Ernährungszustand untersuchen. Daneben werden explizit interdisziplinär angelegte Forschungsprojekte gefordert (Council of Europe Committee of Ministers 2003). Das zentrale Problem ist hier der fehlende Wissenstransfer, die Translation von vorhandenen evidenzbasierten Erkenntnissen in die Praxis, sowie die Implementierung dieser Erkenntnisse in den Versorgungsalltag (Edwards, Mills 2013, S. 447; Behrens 2010, S. 25; Grol, Grimshaw 2003, S. 1225).
Das vorliegende Projekt greift genau diese Forderungen auf: Es sollen interdisziplinäre Ernährungs- und Mobilitätskonzepte mit den beteiligten Akteuren vor Ort erarbeitet und nachhaltig implementiert werden, weil nur durch eine enge Zusammenarbeit und Vernetzung aller beteiligten Berufsgruppen unter Nutzung aller vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen eine bestmögliche Versorgung und Betreuung der Patientinnen und Patienten möglich ist (Riedel, Lehmeyer, Elsbernd 2013). Diese Praxiskonzepte werden speziell für das Setting auf Grundlage vorhandener medizinischer Leitlinien, Expertenstandards der Pflege und weiterer evidenzbasierter Literatur geplant und erstellt sowie wissenschaftlich begleitet zur Anwendung kommen (Wolke et al. 2015).